Im 18. Jahrhundert entsteht in England der die geometrisch exakten Formen des barocken französischen Gartens bewusst kontrastierende Englische Landschaftsgarten. An die Stelle komponierter, durch die Perfektionierung gärtnerischer Fähigkeiten immer zu neuen Extremen getriebener, aber stets als von Menschenhand angelegter Bepflanzungsorgien, tritt mit dem Englischen Garten die Intention, Gestaltung als natürlich entstandene Landschaft erscheinen zu lassen. Die Spur des Menschen beschränkt sich in dieser Vorstellungswelt auf einige wenige der „natürlichen“ Landschaft gegenübergestellte Bauten: kleine Tempel, chinesische Pagoden, künstliche Ruinen, Grotten und sogar von echten Menschen als „Schmuckeremiten“ bewohnte Einsiedeleien. Diese Staffage- oder Schmuckbauten, auch Follies (aus dem Englischen: Folly = Torheit) genannte Bauten, zeichneten sich oft durch eine provokante, weil beabsichtigte Nutzlosigkeit aus, waren aber nicht unbedingt funktionslos, sondern wurden teilweise sogar bewohnt, oder dienten als Aussichtspunkte auf die sie umgebende Landschaft. Oftmals verwiesen sie retrospektiv auf eine verklärte, bessere Vergangenheit. So wie Marie Antoinette sich inmitten des barocken Parks des Schlosses Versailles das „Hameau de la Reine“ – ein idealisiertes Bauerndorf – errichten lies, um dort der Strenge des französischen Hofs zu entfliehen und sich wie eine freie Bauerntochter zu fühlen, nutzten die Münchner ihren Englischen Garten, der als Volkspark einer der ersten für die Öffentlichkeit zugänglichen Anlagen dieser Art war, ab Ende des 18. Jahrhunderts um sich im Schatten des Monopteros oder des Chinesischen Turmes zu zerstreuen. Der Aufgabe innerhalb eines kurzen Zeitraums einen neuen Stadtteil mit bis zu 20.000 Menschen zu errichten, ist es geschuldet, dass jeder, das als „Modernist Grid“ angelegte städtebauliche Layout störende Schwung, wie barocker Gestaltungswille erscheint. Dem gegenüber: der „Landschaftspark Freiham“ mit einer ganzen Reihe „angewandter“ Zerstreuungsangebote: „Urban Gardening“, Kräutergärten, „Partnerschaukel“, Kinderspielplätze, Sportflächen, und „vieles mehr.“ Wenn sanftes Terraforming von Japanischen Brücken überspannbare Hindernisse ermöglicht, ist das Echo der die Englischen Landschaftsgärten befeuernden Romantik vernehmbar. Keine Spur aber von „Dunmore Pineapple“, einem Pavillon in Ananasform, oder von „Conolly’s Folly“, einem mit Ananas geschmückten Bogen- und Obelisken-Bauwerk – in direkter Nachbarschaft des „Wonderful Barn“- eines expressiv organischen Turms, von dem bis heute nicht klar ist, wozu er überhaupt gut sein sollte und der vor allem beauftragt wurde, um der irischen Landbevölkerung während der großen Hungersnot Arbeit zu verschaffen. Im Zeitalter des Anthropozäns sind unsere Landschaften vielleicht nicht mehr unschuldig genug, um derlei „Torheit“ aufzunehmen. Unsere Bildwelt wird nicht mehr von opulent heroischen Landschaftsschinken dominiert, wir haben uns an die postindustriellen Szenerien gewöhnt, die in Coffee Table Books Detroit, Sizilien und das ehemalige Jugoslawien in die Grotten und Eremitagen des 21. Jahrhunderts verwandeln.

SETI, 2016 ist der Entwurf eines zeitgenössischen Folly Baus. Die Arbeit geht von Le Corbusier’s Zeichnung des Domino Hauses von 1914 als architektonischer Grundstruktur aus, wobei diese mittels weiterer Elemente ergänzt und in einen nutzbaren, wenn auch scheinbar unvollendeten Zustand gebracht wird. Teilweise mit Pflanzenbewachsen, wird der pavillonartige Bau zu einem, zusätzliche Räume im Park bietenden Ort, die auf unterschiedlichste Weisen genutzt werden können. Ein entscheidendes Element weist jedoch auf eine konkrete, weit über die Struktur selbst und den darum liegenden Park hinausgehende Nutzungsmöglichkeit hinaus. Auf dem obersten Stockwerk des modifizierten Dominohauses befindetsich eine Observatoriumskuppel, die wie ein Fremdkörper auf dem Gebäude sitzt. Die Kuppel, in ihrer charakteristischen Form, sowie ein zusätzliches, ein Teleskop tragendes Betonfundament, das von der Grundstruktur des Gebäudes entkoppelt ist, transformieren es in eine funktionierende Sternwarte, ein zwischen reinem skulpturalen Entwurf und technischer Einrichtung changierendes Bauwerk. Die scheinbare Unabgeschlossenheit des Gebäudes, sowie seine mögliche Nutzung als Ort zur Beobachtung des Weltraums unterstützen sich hier auf eine Weise, die die Arbeit als Einheit in fast romantische Nähe rückt. Astronomie umfasst zeitlich die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit. Sie entstand schon in der Steinzeit aus der Einheit von Sonnen- und Gestirnsbeobachtung und kultischer Verehrung der Gestirne. Die Sternenkunde verwandelte das Selbstbild des Menschen und seine Auffassung von seiner Stellung im Universum. Heutzutage sind es vor allem die Diskussionen über seine Entstehung und die Suche nach bewohnbaren Planeten und Leben außerhalb unseres Sonnensystems. Historische und neuzeitliche Bauwerke, die der Himmelsbeobachtung dienten und dienen, können meist auch als Bilder gesehen werden, die die wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft spiegeln. Seien dies das Megalith-Observatorium in Nabta-Playa in der Nubischen Wüste aus dem 5. Jahrtausend v. Chr., das im 18. Jh. von Maharaja Jai Singh II. in Auftrag gegebene Jantar Mantar bei Dehli, der vom Architekten Erich Mendelsohn in den 20iger Jahren des 20. Jh. entworfene Einsteinturm in Caputh bei Potsdam oder auch das von der ESO betriebene Very Large Telescope (VLT) auf dem Berg Cerro Paranal in Chile. SETI ist die Abkürzung des englischen Begriffes „Search for Extraterrestrial Intelligence“. Er beschreibt das Forschungsfeld der systematischen Suche nach außerhalb der Erde existierendem intelligentem Leben. Der Titel legt hier weniger die exakte Nutzung des Observatoriums dar, sondern dient vielmehr als eine Erklärungsmöglichkeit für die Faszination, die das Betrachten und Erforschen des Weltalls mit eigenen Augen im Allgemeinen auf den Menschen ausübt. Die Arbeit ist eine Möglichkeit für die Nutzer des Parks, allen voran für die Kinder aus den angrenzenden Schulen, ein durch direkte Anschauung und ohne Umwege über mediale Filter entstehendes Interesse an dem die Erde umgebenden Weltraum zu erwecken und so ein Verständnis und Gefühl für den eigenen Planeten und Existenz zu erlangen. Die Arbeit ist ein eigenständiges skulpturales Werk, dessen tatsächliche Aktivierung als Sternwarte als eine Möglichkeit für die Anwohner von Freiham betrachten ist. Sie wird in den ersten Jahren nach ihrer Errichtung regelmäßig von ehrenamtlichen Amateurastronomen von umliegenden Volks- und Schulsternwarten betreut und gewartet, wobei davon auszugehen ist, dass sich schon bald eine interessierte Gruppe unter den Anwohnern bilden wird, die den Betrieb selbst übernehmen werden.