Der Berliner Wohnungsmarkt hat sich seit dem letzten Umzug dramatisch verändert. Eine annähernd leistbare Wohnung mit einem zusätzlichen Zimmer, in dem künftig die Kinder oder der zu pflegende Elternteil leben könnte, ist nicht mehr zu finden. Und so verlassen nun nicht nur mehr Kulturschaffende an freien Tagen Berlin in Richtung der neuen Künstler*innen-Kolonien in der Uckermark. Immer mehr Berliner*innen entscheiden sich dazu zwar ihre Jobs in der Stadt zu behalten, ihr aber um zu wohnen dauerhaft den Rücken zuzukehren. Zu Gunsten eines Lebens in Brandenburg. Dort lockt das Versprechen pittoresker Häuschen, die mit einigen wenigen Eigenleistungen wieder in Schuss zu bringen sind. Und dank der im Vergleich zu Berlin niedrigen Grundstückspreise, lässt sich Neubau auch ohne die ewige Bindung an eine Baugruppe realisieren. Oder vielleicht ein kostengünstiges, roughes Haus aus Ortbeton, das aber dennoch die hohen ästhetischen Standards erfüllt, welche man aus Magazinen oder von Online-Plattformen kennt? Eine erste, schnelle Überschlagsrechnung mit den Kennwerten des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern (BKI) übersetzt das Budget der Auftraggeber*innen in 70 m2 aus Beton gegossenem Wohnraum. Keine Verbesserung gegenüber der im Süden Charlottenburgs am Stuttgarter Platz gelegenen Wohnung, in der sie jetzt leben. Auf dem von dort 100 ÖPNV-Minuten entfernten und von den Auftraggeber*innen bereits gekauften Grundstück – zwischen Potsdam und Brandenburg an der Havel – wäre so nicht nur kein zusätzliches Zimmer dazugewonnen, sondern es ginge vielmehr sogar Wohnraum verloren. Vielleicht müsste man mit Readymades arbeiten, sich so eine Fertighalle besorgen, wie die überall in der Osthavelniederung von Landwirtschaften oder Pferdehöfen genutzt werden, und diese dann nach dem Haus-im-Haus-Prinzip ausbauen, wie man das von den von Lacaton & Vassal oder Françoise-Hélène Jourda und Gilles Perraudin ausgebauten Gewächshäusern aus den späten 1980er Jahren kennt?

c/o now boten den Auftraggeber*innen beide Szenarien zur Wahl an: Entweder ein 70 m2 großes Haus aus Sichtbeton oder eine Halle mit einem Fußabdruck von 200 m2, die sich dann, witterungsgeschützt und dem Budget entsprechend über die Zeit – auch in teilweiser Eigenleistung – Baustein um Baustein bis hin zu einem Maximum von 400 m2 Nutzfläche auf zwei Ebenen ausbauen ließe. Die Auftraggeber*innen entschieden sich für die zweite Option. So entstand eine in Abhängigkeit von den Parametern des Grundstücks größtmögliche, witterungsfeste, aber nicht klimatisierte Halle aus vorgefertigten Elementen in Holzbauweise welche mit geschlossenen, opaken, transparenten und teilweise öffenbaren Industriebaustoffen wie Trapezblechen im Wandbereich und Sandwichpanelen im Dachbereich verkleidet wurde. Zur Hülle gehören neben kleineren Belichtungs- und Belüftungsöffnungen auch zwei großzügige, die Halle zum Garten hin öffnenden, Schiebetore, von denen das erste noch mit den Architekt*innen zusammen, und das zweite dann schon von den Auftraggeber*innen allein gebaut wurde. Der eigentliche Ausbau der Halle begann mit einem beheizbaren Kernhaus von 90 m2 auf zwei Ebenen, zu denen noch insgesamt 65 m2 „Loggia“ und Terrasse, sowie 60 m2 Indoor-Garten in der klimatischen Zwischenschicht der Halle kommen. Von diesem Basis-Setting aus, können nun unter den durch die Halle geschaffenen witterungsgeschützten Bedingungen immer wieder Volumen hinzu- oder wieder weggenommen werden, ohne dabei auf speziell robuste Materialien oder komplizierte Bautechniken wie z.B. aufwendige Abdichtungsmaßnahmen zurückgreifen zu müssen. Aus- und Weiterbauen ist so gegenüber Standard-Häusern um einiges günstiger. Durch dieses Angebot einfacher Weiter- und Rückbauoptionen können die im ländlichen Raum überproportional verbreitete typologische Limitierung auf eine ausschließliche Nutzung durch Kernfamilien zu Gunsten anderer Wohnformen zu durchbrechen. Während die Auftraggeber*innen die „Loggia“ im Obergeschoss gerade noch als vor den Kindern sichere Werkstatt benutzen, könnte hier bald auch ein kleines Gewächshaus aus dem Baumarkt stehen, dass das Homeoffice der Auftraggeber*innen aufnehmen soll. Durch den Einzug der Auftraggeber*innen wurde die Baustelle offiziell beendet. Der Aus- und Weiterbau durch die Auftraggeber*innen selbst geht aber weiter.